Foto: © Marianne und Paul
Als wir eine dreimonatige Auszeit zum Start in Mariannes Rente planten, musste viel organisiert werden: Wer kümmert sich um unser Haus, wer pflegt den Garten und füttert die Fische? Wer schaut in den Briefkasten und erledigt dringende Post (das Finanzamt ist ganz unbarmherzig!:)). Wie geht es mit unseren Müttern in der Zeit – Mariannes Mutter wohnt mit 90 Jahren noch in der eigenen Wohnung.
Das waren Fragen, die uns beschäftigten und Sorgen bereiteten. Das alles musste gut organisiert sein, damit wir mit einem guten Gefühl drei Monate von zuhause weg sein konnten.
Einiges ließ sich über unsere Kinder und die Geschwister lösen, anderes blieb offen. Wer schaut in den Sommermonaten täglich nach unserem Garten und unseren Fischen? Unsere Nachbarschaft ist da bisher nicht sehr hilfreich gewesen. Aber nebenan wohnt eine Frau zur Miete, die ihren Garten liebt und pflegt, zu der wir aber bisher nur wenig Kontakt hatten. Also habe ich mir ein Herz gefasst und sie gefragt, ob sie jeden Tag eine Runde durch unseren Garten drehen könnte. „Aber gerne“ war die Antwort. Ich war überrascht und erleichtert zugleich.
Ebenso die Sorge: wer schaut täglich nach meiner Mutter, mein Bruder und unsere Söhne sind dafür zu weit weg. Also noch einmal Anlauf nehmen, über den eigenen Schatten springen und die Tochter meiner Cousine, die vor Ort wohnt anfragen, ob sie das übernehmen könnte? Auch hier die Antwort: „Das mache ich gerne“. Das hat uns sehr erleichtert und in Ruhe unsere Auszeit geniessen lassen.
Die wirkliche Überraschung für uns waren aber die Gespräche bei unserer Rückkehr. Sowohl die „Gärtnerin“ als auch meine Großcousine waren sehr zufrieden mit der Aufgabe, die sie übernommen hatten und bedankten sich ihrerseits bei uns. Zwischen meiner Mutter und meiner Großcousine ist eine ganz neue Beziehung entstanden und auch die Grüße in den Nachbarsgarten sind nun ausführlicher.
Wir sind sehr berührt und erfreut über diese Erfahrung. Den anderen um Hilfe bitten, ihm sogar etwas zumuten (drei Monate sind ein langer Zeitraum), das vermeiden wir eher aus Angst, eine ablehnende Antwort zu bekommen oder für aufdringlich gehalten zu werden.
Ich, Marianne, kann leichter um Hilfe bitten – jedenfalls in der Familie. Ich bitte Paul gerne um seine Unterstützung, sei es beim Kofferpacken oder um Picknick für die Reise vorbereiten. Meine Sprache der Liebe ist die Hilfsbereitschaft. Und doch habe ich mir schwergetan, die beiden Frauen, mit denen wir nicht eng vertraut sind, um Hilfe zu bitten. Ich hatte die Angst vor Absage und Ablehnung, fürchtete mich vor den Konsequenzen einer Absage: was machen wir dann?
Mir, Paul, fällt es allgemein schwer um Hilfe zu bitten, ich möchte unabhängig sein, es selbst auf die Reihe bekommen und natürlich niemandem zur Last fallen. Es kostete auch mich Überwindung unsere Nachbarin um diesen Dienst zu bitten und so war ich sogar aufgeregt als wir dann im Wohnzimmer saßen und Details besprochen haben. Geht sie darauf ein, oder lehnt sie es sogar ab – und was dann? Die Erleichterung war bei mir groß, als sie mit Freude zusagte
Umso dankbarer sind wir, dass wir ermutigt aus dieser Erfahrung kommen. Die Anfrage zu helfen, ist auch eine Form der Wertschätzung!
Wir laden Euch zu folgender Austausch und Dialogfrage ein: Stelle dir eine konkrete Situation in Eurer Partnerschaft vor, wo Du um Hilfe gebeten hast oder gebeten wurdest:
Wie geht es mir damit, Dich um Hilfe zu bitten? Wie geht es mir mit Deiner Zusage/Absage? Oder: Wfim, wenn Du mich um Hilfe bittest?
Wir wünschen Euch einen schönen Herbstsonntag! Herzlich Shalom Marianne und Paul |