Foto: © Bild: Peter Weidemann In: Pfarrbriefservice.de
An diesem Sonntag ist Muttertag.
Schaut man in die Medien, ist es wichtig, eine originelle Geschenkidee zu haben, einen Blumendienst zu beauftragen und ein gutes Restaurant zu finden. Alles um zu zeigen: Mutter ist die Beste.
Alle, die den newsletter lesen, sind in dem Alter, in dem man sowohl noch Eltern hat, aber auch selber Eltern oder sogar Großeltern ist.
Wie fällt der Blick unserer Generation auf unsere Herkunftsfamilie, nicht nur auf die Mutter, sondern auch auf den Vater und die Geschwister? Wir sind davon geprägt, wie wir aufgewachsen sind, wie unser Familiensystem war, wer alles dazu gehörte oder fehlte. So können wir am Muttertag auch als Erwachsene den Blick auf unsere Herkunftsfamilie richten: an was erinnere ich mich gerne aus meiner Kindheit? Was sind eher unangenehme oder schmerzhafte Erinnerungen?
Wenn ich, Marianne, mich an meine Kindheit und meine Eltern erinnere, dann gibt es ein angenehmes Gefühl von Geborgenheit, Behütet-sein, sich geliebt fühlen. Meine Eltern haben sich immer Zeit für uns (meinen Bruder und mich) genommen und unseren Lebensweg wohlwollend und unterstützend begleitet. Aber es gibt auch die Erinnerungen, die ambivalent sind: eine höhere Schulbildung (Gymnasium) war im Lebensentwurf meiner Eltern für mich nicht vorgesehen – da hatte ich zum Glück einen Onkel, der das ermöglicht hat. Ich erinnere mich an die Enttäuschung und an die Traurigkeit, als ich nicht mit den Klassenkameradinnen zusammen nach Linz aufs Gymnasium gehen sollte, sondern auf die Realschule. Das war eine Welt, die meinen Eltern fremd war und vor der sie zurückgeschreckt sind – auch in der Sorge, mich dabei nicht ausreichend unterstützen zu können.
Aktuell diskutiere ich mit unserem Ältesten, ob er sich für die Mitarbeitervertretung (den Betriebsrat) aufstellen lässt oder nicht. Ich bin mit dem Engagement meines Vaters im Betriebsrat und in der Gewerkschaft aufgewachsen, mit all seinen schönen und schwierigen Facetten. Einsatz für die „Gastarbeiter“, die damals nach Deutschland kamen, war in unserer Familie eine Selbstverständlichkeit.
Der Blick auf meine Herkunftsfamilie löst durchaus unterschiedliche Erinnerungen und Gefühle aus, ich versuche es unter dem Motto: „Du sollst Vater und Mutter ehren“ zu tun. Das, was an Verletzungen in mir da ist, versuche ich zu versöhnen, zu vergeben und ich freue mich an allem, was mir meine Eltern ermöglicht haben. Spannend und hilfreich ist es, wenn wir einander aus unserem Familien erzählen – auch die vertrauten Anekdoten lassen mich oft etwas Neues an Paul entdecken.
Bei uns in Luxemburg wird der Vatertag durchaus auch `ernsthaft` gefeiert, so wie der Muttertag. Als ich nach Deutschland kam, war ich bestürzt und verärgert über die Art wie hier der Vatertag am stärksten mit Besäufnis verbunden wird, uns in der Regel überwiegend Junggesellen durch die Gegend ziehen. Die Würdigung des Vater-Seins fehlt mir da vollständig. Deshalb ist bei uns seit der Geburt unserer Söhne, der jeweilige Geburtstag dann Mutter-, und Vatertag, ja, Elterntag. Das feiern wir immer gerne zusammen. Damit bin ich dann auch versöhnt und erfahre die Wertschätzung die mir ansonsten fehlen würde.
Wir wünschen Euch einen schönen, sonnigen Muttertag – wie immer ihr ihn feiert und anregende Gespräche über Eure Herkunftsfamilie und ihre Spuren in Eurem Leben.
Anregung zum Dialog/Gespräch: Wenn ich an meine Herkunftsfamilie denke: was ist mein spontanes Gefühl? Welche Situationen/Erfahrungen sind mir besonders in Erinnerung? Welches Gefühl verbinde ich damit? Wfim, wenn ich Dir davon mitteile?
Herzlich Shalom Marianne und Paul |